ElCom erachtet gewisse Eigenverbrauchs-Praxismodelle als unzulässig

Quelle: ElCom Newsletter 9/2019

Grundlagen Eigenverbrauch (ohne Zusammenschluss zum Eigenverbrauch ZEV)

Als Eigenverbrauch gilt nach Artikel 16 Absatz 1 des Energiegesetzes vom 30. September 2016 (EnG; SR 730), wenn Betreiber von Anlagen die selbst produzierte Energie am Ort der Produktion ganz oder teilweise selber verbrauchen oder sie zum Verbrauch am Ort der Produktion ganz oder teilweise veräussern. Als am Ort der Produktion selber verbraucht gilt nur die Elektrizität, die zwischen der Produktionsanlage und dem Verbrauch das Verteilnetz des Netzbetreibers nicht in Anspruch genommen hat (Art. 14 Abs. 3 der Energieverordnung vom 1. November 2017 [EnV; SR 730.01]).

Beschreibung des beanstandeten Modells

Vorliegend geht es um die rechtliche Beurteilung einer bestimmten Eigenverbrauchs-Lösung mit Einbezug von Mietern ohne die Einrichtung eines ZEV, welche nachfolgend «vereinfachtes Praxismodell» (vPm) genannt wird. Ein typisches vPm sieht folgendermassen aus:

  • Es bedarf keiner Zustimmung der Mieter zur «Teilnahme» an diesem Eigenverbrauchsmodell, insbesondere müssen sich diese nicht zu einer Gemeinschaft zusammenschliessen. Die Mieter erhalten weiterhin vom Netzbetreiber ihre bisherige Stromrechnung und bezahlen insbesondere die vollen Netznutzungsentgelte für den gesamten verbrauchten Strom.
  • Der Anlagebetreiber ist für die Abwicklung des Eigenverbrauchs alleiniger Geschäfts- und Ansprechpartner des Netzbetreibers und schliesst mit diesem einen Vertrag. Er erhält für den aus seiner Anlage durch ihn und die Mieter vor Ort verbrauchten Strom eine Vergütung vom Netzbetreiber, welche in der Regel einen Preis für den Strom pro Kilowattstunde (z.B. Standardtarif des Netzbetreibers) und die von den Endverbrauchern auf diesem Verbrauch bezahlten Netznutzungsentgelte sowie die Abgaben und Leistungen enthält. Ob und in welchem Ausmass der Anlagebetreiber die Endverbraucher der Liegenschaft an seiner Vergütung beteiligt, bleibt ihm überlassen. Für die ins Netz eingespeiste Überschussenergie erhält der Anlagenbetreiber den üblichen Rückliefertarif. In der Regel verlangt der Netzbetreiber eine Entschädigung für die Einrichtung des Modells bzw. für die erbrachte Dienstleistung.

Beurteilung des vPm durch die ElCom aus energierechtlicher und stromversorgungsrechtlicher Sicht

  • Energierechtlich: Mangels Zustimmung der Mieter kann es sich laut Ansicht der ElCom beim vPm nicht um eine Veräusserung vor Ort und damit um Eigenverbrauch im Sinne von Artikel 16 EnG handeln.
  • Stromversorgungsrechtlich: Artikel 14 Absatz 2 des Bundesgesetzes über die Stromversorgung vom 23. März 2007 (StromVG; SR 734.7) legt fest, dass das Netznutzungsentgelt von den Endverbrauchernje Ausspeisepunkt – d.h. je Zähler (Art. 2 Abs. 1 Bst. c der Stromversorgungsverordnung vom 14. März 2008 [StromVV; SR 734,71]) – zu entrichten ist. Die Netznutzungstarife müssen sich zudem am Bezugsprofil orientieren (Art. 14 Abs. 3 Bst. c StromVG) und verursachergerecht sein (Art. 14 Abs. 3 Bst. a StromVG). Endverbraucher in der Basiskundengruppe (Art. 18 Abs. 2 S. 2 StromVV) müssen zudem denselben Basistarif haben. Das vPm verstösst gegen diese Bestimmungen, indem die einzelnen Endverbraucher (Mieter) die Netznutzungsentgelte auf ihrem gesamten Verbrauch zu entrichten haben, obwohl ein Teil aus der Anlage vor Ort und nicht aus dem Netz stammt. Zudem verstösst das vPm gegen die transparente Rechnungstellung in Artikel 12 Absatz 2 StromVG, indem der Eigenverbrauchsanteil am gesamten Verbrauch und die entsprechend reduzierten Netznutzungsentgelte auf der Rechnung nicht ausgewiesen werden.

Aus diesen Gründen erachtet die ElCom das oben beschriebene vPm als unzulässig.

Anforderungen an ein zulässiges Praxismodell ohne ZEV

Betreffend die oben beschriebene Problematik sind somit insbesondere folgende Punkte zu beachten (weitere gesetzliche Vorgaben bleiben vorbehalten):

  • Ein auf die Mieter/Pächter erweiterter Eigenverbrauch bedarf deren Zustimmung.
  • Das Netznutzungsentgelt (inkl. Leistungen und Abgaben) darf bei den Mietern/Pächtern nur für den aus dem Verteilnetz bezogenen Strom erhoben werden.
  • Der Strombezug vom Anlagenbetreiber und die anteilige Berechnung der Netznutzungsentgelte sind auf der Rechnung des Mieters/Pächters entsprechend transparent auszuweisen.

Das Bundesamt für Energie plant, seinen Leitfaden Eigenverbrauch diesbezüglich zu präzisieren.